Eigentlich ist die Bedienung eines Gaskochers für´s Campen gar nicht so schwer. Kartusche draufstechen oder eindrehen, je nach Modell; anschließend gut zudrehen, bis es nicht mehr zischt. In jeder Bedienungsanleitung steht, dass man den Gaskocher nicht in Betrieb nehmen soll, wenn dieser noch Geräusche macht oder man Gas riechen kann. Mein teures Profimodell hatte ich vor über 10 Jahren erstanden und seitdem ganze 1x genutzt. Nachdem ich mir in den Kopf gesetzt hatte, nach dieser langen Zeit endlich mal wieder zelten zu wollen, holte ich meine verstaubte Ausrüstung aus dem Keller. Ich drehte die Kartusche zum Test auf den Gaskocher. Es zischte beim Draufdrehen und es zischte auch danach. Verunsichert drehte ich die Kartusche wieder ab: Ruhe. Das Spiel probierte ich nochmal: Es zischte wieder vor sich hin. Ich nahm also meine zweite Kartusche, die erste könnte ja kaputt sein: Doch es blieb dasselbe Spiel. Lange überlegte ich, ob man den Kocher trotz Zischen benutzen könne. Ob ich dies vielleicht auf meinem Balkon im 2. Stock mal testen solle. Trotz einer Armada an Rauchmeldern in meiner Wohnung, dem Besitz zweier großer Feuerlöscher und einer Branddecke kamen mir Zweifel, ob die Idee so gut ist. Also Plan B!
Ich packte Kocher und Kartuschen ins Fahrrad und fuhr damit ein paar Kilometer in den Wald. Nahe meines Ortes gab es eine riesige Sand-Kies-Grube – die kann immerhin nicht brennen. Diese war zwar in Betrieb, aber am Wochenende war dort nichts los. Ich suchte mir eine vertiefte Stelle, baute auf, steckte an und drehte fest: Es zischte. Nun gut, das kannte ich ja bereits. Ohne weiter zu zögern drehte ich den Gasregler auf und drückte auf den Zünder. Voila, die Flamme brannte auf dem Kocher. Geht doch! Ich drehte das Gas aus, die Flamme erstarb. Die Kartusche zischte weiter fröhlich vor sich hin. Ich drehte nochmal auf, dieses Mal stärker, zündete, die Flamme brannte. Perfekt! So kann ich zelten fahren!
Meine Freude erstarb jäh, als ich sah, wie sehr plötzlich und sehr schnell die Kartusche im oberen Bereich in Brand geriet. Also nicht nur der Brenner, wo es brennen sollte, sondern auch alles darunter stand urplötzlich in Flammen. Panisch versuchte ich den Gasregler auszudrehen, was mir auch ohne Verbrennungen gelang – mein schlechtes Gefühl hatte mir geraten, Lederhandschuhe mitzunehmen, die sich nun sehr nützlich machten. Doch die Kartusche brannte auch ausgedreht weiter fröhlich vor sich hin. Um dies vielleicht noch stoppen zu können, musste ich die brennende Kartusche vom Kocher abdrehen, wie mir schlagartig bewusst wurde. Dann sollte sich das Ventil eigentlich schließen. Vielleicht auch nicht. Vielleicht würde auch der Funke nach Innen gelangen. Meine Angst vor einer brennenden Bombe in der Hand nahm Überhand und ich entschied, dass Rennen um mein Leben die bessere Wahl ist. Panisch schnappte ich mir mein Fahrrad und trug es in den Wald hinein, weg vom Inferno. Sollte ich fliehen? Gleich würde es laut knallen!
Meine Verantwortung riet mir zu bleiben, schließlich hatte ich nichts Böses getan und mit dem Funktionstest im riesigen Sandkasten die perfekte Location genommen. Alles besser als in der Wohnung. Ich lief daher zur Kartusche zurück, die noch immer brennend im Sand stand. Sand! Mit Sand kann man löschen! Ich hastete zur Kartusche, immer in der Angst, dass ich gleich von Teilen einer explodierenden Kartusche zerfetzt werde. Ich blieb in respektvollem 2m-Abstand, der mir im worst case wohl nichts genützt hätte, und schaufelte Sand mit bloße Händen auf den Brenner. Erst dachte ich, das Spiel wäre gewonnen, denn die Flammen wurden sehr klein. Doch dann fielen Brenner und Kartusche um. Schlagartig wurden die Flammen noch höher als vorher und die Geräuschkulisse deutlich lauter. Ich entschied mich erneut für taktischen Rückzug und beobachtete das kleine Inferno aus sicherer Entfernung. Ein Motorflieger kam am Himmel vorbei, sah das Schauspiel aber zum Glück wohl nicht.
Ich wartete – lange. Es dauerte eine knappe Stunde, bis auch die letzten Flämmchen erloschen waren. Wie soviel Gas in so einer kleinen Kartusche sein konnte, war mir ein Rätsel. Bumm hatte es nie gemacht und die Kartusche sogar ihre ursprüngliche Form behalten – Respekt an die Erfinder! Nur der Brenner … ein geschmolzenes Trauerspiel. Mit einem Stock stocherte ich in den geschmolzenen Plastik- und Metall-Resten herum. Nichts explodierte, nichts brannte mehr. Ich wagte mich mit den Händen an die Überreste und schaffte es sogar, Kartusche und Brenner voneinander zu trennen. Auf der Rückfahrt nach Hause entschied ich, dass kalte Mahlzeiten viel leckerer sind. Und sicherer.

Nachtrag:
Die zweite Kartusche entleerte ich Wochen später in derselben Sandgrube mit einem neu gekauften Brenner. Dieses Mal ohne das Gas anzuzünden. Denn ich hatte verstanden, dass nicht der Brenner, sondern die Kartuschen kaputt waren, und voll konnte ich diese schlecht entsorgen. Dummerweise dauerte auch dieser Vorgang genauso lange und ein bereits im Anmarsch befindliches Gewitter kam mir zu nahe. Gasenzündung durch Blitzeinschlag wollte ich dann doch nicht testen, daher entschloss ich mich zum Abbauen und Fahren. Beim Trennen der Kartusche vom Brenner schloss jedoch das Kartuschenventil gar nicht mehr, so dass ich die zischende Kartusche in der Sandgrube zurück lassen musste und erneut mein Heil in der Flucht suchte. Erst am nächsten Morgen holte ich die – leere und heile – Kartusche ab. Vom Bombenbau hatte ich vorerst genug.