Als Jugendlicher hatte man(n) so manch wildes Hobby und mit dem Erwachsenwerden wird das bei einigen Männern auch nicht besser. Eines meiner scheinbar normalen Hobbies bestand darin, Parties zu feiern. Und nein, nicht auf welche zu gehen, sondern welche zu organisieren. Mit Vorliebe natürlich im heimischen Wohnhaus, was bekanntermaßen in wahre Abriss-Parties ausarten kann, wenn die Eltern nicht da sind. In meinem Fall hatte ich die explizite Erlaubnis meiner Eltern, in unserem Keller feiern zu dürfen, auch verdammt laut, aber unter 3 Bedingungen: Es wird nicht randaliert oder geklaut, geraucht wird draußen und am nächsten Morgen wird so aufgeräumt, dass von der Nacht nichts mehr zu sehen ist. Dies klappte unwahrscheinlich gut: Ich lud nur vertrauenswürdige Leute ein, meine kräftigsten Freunde bekamen einen Zweitjob als Aufpasser & -Türsteher und meine feiernden Horden erzog ich so vorbildlich, dass sie am Ende jeder Party ohne Aufforderung aufräumten. Dies zu einer Zeit, wo ich meistens kotzend vor dem Klo lag. Fazit: Meine eigene vierte Regel, „wer kotzt der fliegt“, hielten alle ein bis auf mich. Der Gastgeber darf halt mehr.
Soweit ist noch alles normal, das kennt wohl jeder. Um diesem Hobby mehr frönen zu können, kaufte ich mir recht früh zwei kleine Lichtanlagen. Diese kamen so gut an, dass ich mein Taschengeld immer wieder in Erweiterungen steckte: Größere Boxen mit mehr Wumms, hellere Lichtanlagen, schnellere Bewegungen, Laser, Nebel. Ein kleines Vermögen wurde ich los und meine Freunde sowie ABI-Mitschüler waren gerne bereit, meine neusten Errungenschaften zu testen. Hier noch im frühen Stadium:

In Hochzeiten ging alle 2 Wochen eine Party ab und meine Nachbarn vermutlich an die Decke. Es sei an dieser Stelle kurz angemerkt, dass ich in der Mitte von 3 Reihenhäusern wohnte und dafür verdammt wenig Stress hatte: Abgesehen von einem Nachbar direkt nebenan, der mir einmal freudig erregte erzählte, dass in seiner Keller-Bar die Spirituosen vom Wandregal gehüpft waren und er meine Lautsprecher-Marke wissen wolle, blieb es ruhig. Und das obwohl ich die Boxen mit dem größten Bass-Durchmesser gekauft hatte, die ich finden konnte: 18 Zoll, macht fast 50 Zentimeter. Dazu kam ein großer 130 Liter-Subwoofer, der zwar super unsauber klang, aber das Haus zum Beben kriegen konnte. Dass übertrieben groß nicht immer gut ist, war mir zu der Zeit noch egal. Aber meine Nachbarn erzählten mir zwischendurch mal, dass sie mit Ohrstöpseln schlafen gingen, wenn ich feierte, also war ja alles gut.

Nur einmal kam die Polizei, aber das war besonders peinlich: Ich hatte nämlich gar keine Party ausgerufen. Tatsächlich war die Zeit der wilden Parties längst vorbei und jeder Versuch endete in einem Klönabend, wo Lichtanlagen und Musik immer störender wurden. Um mein Hobby weiterhin ausleben zu können, suchte ich mir einen sehr kleinen Kreis elitärer Auserwählter zusammen, die nichts gegen visuellen und akkustischen Terrorismus hatten. Und eine dieser Glücklichen war meine Mutter. Sie brauchte zwar meistens Ohrenschützer, um den Partyraum überhaupt betreten zu können, aber das tat der Feier keinen Abbruch. Und so kam der verhängnisvolle Abend, an dem ich nach einer wilden Mutter-Sohn-Party vor den Boxen einschlief. Meine Mutter war zu der Zeit längst ins Bett gegangen. Soweit hätte noch alles gutgehen können, nur leider hatte ich vergessen, vor dem Einschlafen die Musik auszumachen. Der liebe Alkohol wieder … und so lag ich im Traumland, während neben mir die Apokalypse auf maximaler Lautstärke brüllte.
Drogenbedingt habe ich nur eine wage Erinnerung, wann ich einschlief und wann wieder aufwachte. Ich meine mich zu entsinnen, dass ich zuletzt gegen 1 Uhr nachts auf die Uhr schaute und gegen 3 Uhr wieder aufwachte. Meine Mutter rüttelte an mir herum und zeigte mit dem Finger die Kellertreppe nach oben. Reden konnte sie nicht, es war einfach zu laut. Selbst schlaf- und alkoholtrunken war mir sofort klar, dass es Ärger geben würde, und drehte die Musik aus. Meine Mutter hatte sich längst wieder zum Schlafen verzogen, während ich die Kellertreppe nach oben wankte und verdutzt feststellte, dass die Haustür noch gar nicht geöffnet worden war. Jedoch sah ich bereits das verhängnisvolle Grün der früher genutzten Polizeiuniformen durchschimmern. Sofort war ich nüchtern. Was folgte, war eines meiner peinlichsten Verhöre:
- Polizei: „Na, wir feiern wohl eine rauschende Party?“
- Ich: „Eigentlich ist die schon vorbei, ich bin nur einschlafen.“
- Polizei: „Bei der Lautstärke? Wie kann man da denn schlafen?“
- Ich: „Nun … irgendwie vor den Boxen.“
- Polizei: „Aha. Und wieviele Gäste waren hier gewesen?“
- Ich: „Zwei … ich und meine Mutter.“
- Polizei: (kurz sprachlos) „Eine Mutter-Sohn-Party?“
- Ich: „So in der Art. Sie können gerne in den Keller gehen und nachsehen, da ist niemand mehr.“
- Polizei: „Nein, wir glauben das auch so.“
Nerdig sein hat Vorteile, selbst die blödsten Erklärungen werden einem abgenommen. Vielleicht sah ich auch einfach erbärmlich aus. Es folgte die übliche Aufnahme der Personalien, eine Verwarnung und der Hinweis, dass es beim 3. Mal teuer werden würde. OK, also habe ich noch 1x frei. Danach fuhren sie wieder ab.
Wie ich später erfuhr, hatten die Polizisten vermutlich erfolglos versucht, die Klingel zu benutzen, und anschließend gegen die von der Straße erreichbaren Fenster gebollert. Glücklicherweise befand sich dort das Schlafzimmer meiner Mutter, die auch irgendwie hatte schlafen können. So konnte die Polizei diese wecken und sie wiederum mich.
Fazit: Selbst meine schlimmsten Parties mit dutzenden Leuten hatten keine Folgen, aber mit Mama schaffe ich es, ne Verwarnung zu kriegen…