Wer kennt sie nicht: Die guten, alten Fahrkarten-Automaten. Und damit meine ich nicht speziell die Deutsche Bahn. Denn gefühlt hat jeder Verkehrsverbund seinen eigenen Automaten mit eigener Menüführung entworfen, so dass man immer wieder vor der Herausforderung steht, wie man das Ding eigentlich bedienen muss, um eine einfache Fahrkarte zu bekommen. Hat man das Klick&Pray-Spiel endlich geschafft und sieht einen Preis auf dem Bildschirm, geht Teil zwei der Herausforderung los: Der Bezahlvorgang. Manche akzeptieren nur Karte, manche nur Bargeld, aber sind beim Einwurf so reaktionsträge, dass nach der Bezahlung der Zug bereits abgefahren ist. Anderer sind bei den Scheinen wählerisch oder verweigern diese gleich komplett. Da wundert es mich nicht, dass einige Mitmenschen auf rein digitale Handy-App-Lösungen ausgewichen sind.
Was die Deutsche Bahn und ihren Ruf angeht, hätte wohl jeder eine eigene Realsatire anzubieten, ob nun beim Fahrkartenkauf oder dem Versuch der Einlösung. Doch ich habe meine Erfahrung der dritten Art mit einem Automaten des Mannheimer Verkehrsverbunds gemacht, damals hieß dieser noch MVV. Und zwar habe ich den Jackpot geknackt. Vermutlich wusste nicht mal der MVV selbst, dass es einen bei ihren Automaten gibt.
Und das Spiel ging so: Ich wollte mein Studenten-Monatsticket aus dem Automaten ziehen. Das kostete damals noch um die 30 €. Die Menüführung des Automaten, um bis zum begehrten Objekt zu gelangen, kannte ich bereits, auch wenn der MVV hin und wieder versuchte, durch Design-Updates dieses Unterfangen zu verhindern. Als ausgebildeter ITler schaffte ich es aber trotzdem immer wieder, die Fahrkarte zu finden. Doch dann kam die Bezahlung: Der Automat bot mir die Annahme von Scheinen bis hoch zum 50 €-Schein an. Ich hätte auch mit kleineren Scheinen bezahlen können, doch es schien mir verlockend, meinen vorhandenen 50 €-Schein auf diese Weise loszuwerden. Denn danach hätte ich mehr Kleingeld für kleine Einkäufe. Ein schwerer Fehler. Ich wusste, dass das Rückgeld ausschließlich in Münzen kommen würde – aber nicht, dass der Automat meinen Wunsch mehr erfüllen würde, als mir lieb war.
Während die Fahrkarte gedruckt wurde und in das Ausgabefach fiel, hörte ich die Geldkassette im Inneren bereits rattern. Ich rechnete mit ungefähr 10 Münzen a 2 Euro an Rückgeld, vielleicht noch ein paar 1er dazwischen. Während ich so darüber nachdachte, bemerkte ich, dass das Rattern gar nicht mehr aufhörte. Der Automat schien eine Menge vorzubereiten. Und dann fing der Goldesel an: Es plingten und klimperten die Münzen in das Ausgabefach, dass es eine Freude war. Eine endlose Freude. Schon bald sah ich meine Fahrkarte unter einem Geldberg verschwinden. Etwas entsetzt öffnete ich das Ausgabefach, noch während die Münzen fielen, und schaute mir an, was da so herauskam: 10 Cent, 20 Cent, 50 Cent. Ganz selten funkelte mich ein 1 €-Stück an. Woah! Da hatte der heldenhafte Programmierer des Automatens wohl vergessen, eine Prüfung zu implementieren, in welcher Stückelung das Rückgeld bei einer bestimmten Scheingröße nur noch ausgezahlt werden kann. Und scheinbar hatte dieser Automat nur noch Kleinstgeld übrig, um mich auszubezahlen. Dann sollte man eigentlich große Scheine nicht mehr akzeptieren, aber hey: It´s not a bug, it´s a feature!
Meine Verzweiflung wuchs, denn so langsam füllte sich das Ausgabefach soweit mit Münzen, dass ich dieses kaum mehr öffnen konnte, denn es ging natürlich nach Innen auf. Die Lästereien von mehreren Passanten, die mittlerweile stehengeblieben waren und mich fragten, wie ich den Jackpot geknackt habe und ob sie auch was haben könnten, machten meine Lage nicht besser. Mir fiel die Fernseh-Serie „versteckte Kamera“ ein und ich schaute mich hektisch um, doch ich fand keine. Bevor sich das Ausgabefach für immer mit Kleingeld selbst versiegelte und meine Fahrkarte darunter verloren war, drückte ich die Klappe soweit ein, wie es noch möglich war, und griff mir händeweise die Münzen. Hosentaschen, Jackentaschen, alles füllte ich mit Kleingeld. Nebenbei lernte ich das Pling zu hassen, wenn wieder 10 Cent in das Fach fielen und der nächste Passant interessiert stehenblieb.
Am Ende gewann der Automat das Spiel nicht. Ich buddelte mich doch noch erfolgreich bis zu meiner Fahrkarte durch und fand auch genug Platz in meinen Taschen, um den Jackpot zu verstauen. Zu Hause ignorierte ich gekonnt den fragenden Blick meiner Freundin, als ich gefühlt kiloweise Münzen auf den Küchentisch kippte, und zählte durch: Bis auf den Cent genau. Penible Technik! Die Gesamtmenge der Münzen weiß ich nicht mehr, aber es nährte sich einer dreistelligen Zahl an. Vermutlich konnten alle Fahrkarten-Käufer nach mir nur noch mit Karte bezahlen, weil das Kleingeld alle war. Respekt!