Jugendsünden hat jeder – ich einige. Das gute dabei ist, das meine Eltern von den wenigsten wussten und bis heute nichts wissen. Das schlechte daran ist, dass ich gar nicht weiß, welches die peinlichste davon ist. Aber dieses Mal wird es eine der harmloseren: Alkohol und die verdammte Müdigkeit.
Jeder, der mal Alkohol probiert hat, kennt es: Irgendwann wird man von dem Zeug immer müde. Während ich sonst dazu neigte, wenigstens nur bei Parties randvoll zu sein, war natürlich Vatertag der Tag aller Tage, wo ich schon morgens randvoll war. Da ich ausgesprochen gerne wandere, besonders mit Bier in der Hand, sind Vatertagstouren um die 30 km und mehr bei mir normal – zu Fuß. Nun sorgt natürlich die Bewegung dafür, dass mehr Alkohol neutralisiert wird als sitzend, also kann ich auch mehr reinkippen. Eine perfekte Symbiose mit meinem Körper.
Bei einer Tour durch den Deister, einem hiesigen Berg, wanderte ich den kompletten Kamm bis zum höchsten Punkt, dem Annaturm. Der Name ist Programm, dort steht ein Turm. Der ist aber zu Vatertag immer gesperrt. Früher war er noch offen, aber das inspirierte wohl einige ganz besonders kreative Gäste, die Fallgeschwindigkeit von Bier zu testen. Vielleicht war es auch ein Wettbewerb, das kostbare Gold unten mit dem Mund aufzufangen. Bei 28 m Fallhöhe. Kann ja klappen, ähnlich physikalisch-sportliche Tests probiere ich schließlich selbst aus.
Aber egal, um den Turm geht es auch gar nicht. Dafür kann man kann sich dort wunderbar volllaufen lassen, wenn man die mittlerweile deutlich präsente Polizei in Kampfmontur außer Acht lässt. Auf dem Rückweg durch den Wald war ich mehr als angeheitert und der Tag wunderbar warm. Irgendwann siegte die Müdigkeit und der Waldboden neben dem Weg kam mir verlockend weich vor. Also beschloss ich, kurz mein Berufsziel zu ändern und Waldboden-Härtegrad-Tester zu werden. Ich muss sagen, es schläft sich erstaunlich gut! Ich wachte pünktlich zum Abend wieder auf – erstens weil es kalt wurde, zweitens weil sich mein dicker Kater meldete, drittens da es dämmerte. Der restliche Weg nach Hause, über 1 Stunde Fußmarsch, war weniger erbaulich und der Blick meiner Mutter bei der heimischen Ankunft auch nicht. Aber so bin ich halt. Langweilig kann jeder!
Eine noch interessantere Schlafmöglichkeit fand ich nach dem ABI-Streich. Dafür hatten wir Abiturienten uns abends an unserer Schule getroffen, gegrillt, getrunken und irgendwann im Suff das Dach der Schule erklettert. Da ich ein guter Kletterer bin, war es meine Aufgabe gewesen, den Vorstieg zu machen und den anderen hochzuhelfen. Denn an eine Leiter hatte niemand gedacht, dafür aber an Ziegelsteine und Mörtel, um einen unverwüstbaren Abi-Grill auf dem Schulrasen zu bauen (der leider von der Schulleitung wieder entfernt wurde):

Jedenfalls malten wir unseren Abi-Schriftzug in fetter weißer Farbe aufs Dach. Alles ohne Abstürze, Brüche oder Tote. Danach ging die Party unten weiter, bis keiner mehr stehen konnte. Gepennt wurde direkt auf dem Rasen der Schule, das Wetter war optimal. Am nächsten Morgen betrachteten wir glücklich unser Werk …

… füllten anschließend den Alkohol-Pegel wieder auf und fuhren dann nach Hause – ich per Rad. Unterwegs auf den etwa 15 km kam nun wieder diese verlockende Müdigkeit hervor, denn die Nacht war doch recht kurz gewesen. Mein Standort war gerade ein wunderbar warmer Feldweg zwischen 2 Dörfern, rechts ein seichter und trockener Graben, wie geschaffen zum Reinzulegen. Was fehlte noch? Eine Decke! Ganz begeistert stellte ich fest, dass ich ja eine wegen der letzten Nacht in den Satteltaschen hatte. Vor Freude vergaß ich aber, diese rauszuholen, und deckte mich stattdessen mit meinem Fahrrad zu. Wie gesagt, ich war müde.
Mein Schlaf war nicht von langer Dauer. Das nervende Gemurmel besorgter Bürger lies mich erwachen. Ich blickte in die Augen einer entsetzt guckenden Familie. Da mir die Situation nun doch etwas peinlich wurde, entschloss ich mich zum stillen Abgang – wankte wortlos auf mein Fahrrad, trat in die Pedale, und schaukelte von dannen. Adieu, wundervolle Schlafstätte und störender Pöbel!