Ja, jetzt wird es ekelig. Zartbeseitete sollten dieses Kapitel nicht lesen. Tiere können sabbern, Menschen können sabbern, ich kann es auch. Vermutlich sogar mehr Menschen, als dies zugeben würden, doch ich stehe dazu. Muss ich ja auch, wenn ich mal wieder mir nicht gehörende Sachen befeuchtet habe. Doch von vorne: So richtig aufgefallen ist mir diese Fähigkeit während meiner Studienzeit, in der ich wenig geschlafen und viel gefeiert und gelernt habe. Oftmals saß ich völlig übermüdet hinten im Auto, wenn wir in Fahrgemeinschaften unterwegs waren. Oder in der Bahn. Meine Augen fielen zu, das Träumen begann … und damit das Sabbern. Wie bei einem Hund, der gerade den kompletten Trinknapf geleert hat und noch schluckend vor einem steht, während die Sabberfetzen links und rechts herunterlaufen; so ähnlich könnte es bei mir ausgesehen haben. Wobei ich im Schlaf meistens den Kopf schief hielt und damit der Sabberfaden einseitig verlief. Naja, ist für die Menschen um einen herum auch egal, die dieses Schauspiel betrachten dürfen. Die haben eher um sich oder ihre Gegenstände Angst als nun gerade um den Unterschied zwischen einseitigen oder zweiseitigen Sabberfäden.
Irgendwann wachte ich meistens auf (oder wurde aus Sorge um die Polster aufgeweckt) und fand die Spuren meiner Mund-Inkontinenz vom Kopf abwärts über Shirt bis Hose verteilt. Sowas trocknet leider nicht ohne sichtbare Rückstände. Was noch oben raus hängt, kann man notfalls wieder einsaugen, das klappt fast so gut wie mit Spaghetti. Aber Textilien nehmen einem Spucke übel. Der Arbeitgeber auch, wenn man keine Wechselsachen dabei hat. Und der Glückliche, der neben mir saß, erst recht. Mit der Zeit entbrannte regelrecht ein Kampf um die Plätze im Auto, die nicht neben mir waren – als Beifahrer vorne wollte mich sowieso kein Fahrer haben.
Im Zug hatten meine Mitfahrer immerhin den Vorteil, sich einfacher in Deckung begeben zu können, wenn mein Kopf beim Schlafen nicht gerade auf eine Schulter gerutscht war. Aber auch dann war das Mitleid eher begrenzt und die Szenerie wurde aus sicherer Entfernung begutachtet. Besonders reizvoll war es, wenn ich alleine unterwegs war und beim Aufwachen nicht nur das feuchte Flussbett bemerkte, was ich gelegt hatte, sondern auch den angewiderten Blick der mir unbekannten Schönheit gegenüber. Dann konnte ich meine restlichen Sabberfäden einsaugen und sie mit verliebten Augen anschauen, oder die Augen schnell wieder schließen und so tun, als sei ich ein Penner. Zweiteres klappte jedenfalls besser.
Im Laufe der Jahre verlagerte sich mein Problem mehr und mehr gen Bett. „Sabbern beim Schlafen“ nennt sich das. Die Folgen sind wundervoll feuchte Flecken auf dem Kopfkissen, die ich morgens bewundern kann. Einen besonderen Reiz bekommt dabei die Erfahrung, wenn ich beim Schlafen mein Kopfkissen ordentlich befeuchte, um mich dann bei einem Lagewechsel mit Schwung auf diese Stelle zu legen. Ab dem Augenblick bin ich hellwach und spüre einen sofortigen Waschdrang. Meinen persönlichen Rekord musste meine Freundin erdulden: Irgendwie hatten wir es nachts geschafft, so zu liegen, dass unsere Köpfe praktisch übereinander lagen. Zu ihrem Pech lag ich oben … dafür war sie zuerst wach.
Ja, ich freue mich schon, wenn später die Inkontinenz unterer Körperteile dazu kommt …