Wie in einer anderen Geschichte geschrieben, hatte ich durch meine Feierfreude an häuslichen Parties bereits Spaß mit der Polizei gehabt. Doch unruhiger hatte es dagegen die Feuerwehr mit mir – dank Nebelmaschine. Deren vielfältige Möglichkeiten entdeckte ich nämlich recht schnell: Damit sehen Lichteffekte bei einer Party einfach besser aus. Anfangs hatte ich eine Billig-Maschine, die gar nicht soviel Nebel erzeugen konnte, wie mein Partyraum groß war.


Das änderte sich, als die erste wegen Überlastung starb und ich während der zweiten entdeckte, dass teurer Nebel deutlich dichter ist. Fortan wurden die Partys zu Lightshows und es zum größten Vergnügen einiger Gäste zu testen, wieviel Nebel denn so in einen Raum passt. Antwort: Soviel, bis man seine eigene Hand nicht mehr sieht. Direkt vor den Augen. Hat man diesen Zustand erstmal erreicht, wird jede Party zum skurilen Fest: Mangelns Orientierung kriechen die Gäste über den Boden, während Tanzen nur noch im Sitzen geht. Man sieht seinen Gegenüber beim Quatschen nicht mehr, aber hört die Stimme aus dem Off. Lichtstrahlen jagen durch ein Meer aus weißem Rauch, ohne dass man ihren Ursprung erahnen kann. Meistens wurde es im Partyraum bei dieser Wetterlage immer ruhiger, weil sich die Gäste nach und nach gen Ausgang tasteten und dann als Pulk auf der Kellertreppe versammelten, bis die Spaßvögel drinnen genug hatten. Wir konnten davon ja nichts sehen!
Hier Fotos noch vor diesem Endzustand – zu dem Zeitpunkt wäre jedes Foto unerkennbar weiß-bunt gewesen:



Und dann kam das Stroboskop: Solche Geräte sind wunderbar, um sich alle Gedanken aus dem Gehirn zu hämmern, wenn man direkt davor sitzt und mittig in die gleißend helle Lampe schaut. Noch besser sind sie, wenn man dies bei vollem Nebeleinsatz macht und die anderen Lichtgeräte ausschaltet. Was dann folgt, ist ein Inferno biblischen Ausmaßes: Man kriecht völlig orientierungslos in einem Raum herum, während ein Flaklicht 20 – 30 Mal pro Sekunde an und aus geht und einem die letzte Chance nimmt, etwas zu erkennen. Damit neben der Optik auch die Akkustik gestört ist, bollern Lautsprecher auf Maximalanschlag und der Gefühlssinn wird von Bassschlägen im Sekundentakt erschüttert. In diesem, für Epileptiker einmaligen Erlebnisbereich, hielten es nur noch die härtesten bzw. gestörtesten Personen aus. Nachdem mal wieder alle den Partyraum verlassen hatten und wir auf der Treppe durchzählten, stellten wir fest, dass ein Mädel fehlte. Nun such mal eine Person in einem Raum, wenn du nix siehst und hörst. Zu zweit wagten wir uns in das Kriegsgebiet zurück und fanden sie schließlich direkt vor dem Stroboskop. Auch wenn ich selbst schon einige Male von dem gleißend flackernden Licht wie gebannt war und minutenlang meinen Blick nicht abwenden konnte, war mir nicht klar gewesen, wie heftig manche darauf reagieren. Besonders nach Alkoholgenuss. Die Arme war völlig in Trance und brabbelte nur noch sinnloses Zeug. Mit viel Aufwand bekamen wir sie von ihrer neuen Lieblingsdroge getrennt und beobachteten fasziniert, wie diese länger nachwirkte als jeder Joint.
Hier ein Video, wo so ziemlich alles gleichzeitig an war – aus naheliegenden Gründen noch vor dem neblischen Endzustand und aus Datenschutzgründen ohne Personen aufgenommen:
Auch eine spannende Sache ist es, den Nebel wieder loszuwerden, damit die Party weitergehen kann. Schließlich muss man dafür Fenster und Türen öffnen. Gingen anfangs noch sämtliche Rauchmelder im Haus los, war ich später daran gewöhnt und schaltete diese bereits vor jeder Party ab. Doch wie erklärt man vorbei kommenden Passanten, warum aus einem Haus dicke weiße Rauchschwaden quellen und sich als meterhohe Rauchsäule gen Himmel bewegen? Uns kam zugute, dass die Partys meistens nachts statt fanden, damit waren weniger Leute unterwegs und der Nebel schlechter sichtbar. Zur Sicherheit positionierten sich an beiden Hausenden Freunde, um Passanten im Notfall aufklären zu können. Und damit die Rauchsäule über dem Haus nicht zu heftig wurde, entlüfteten wir stoßweise. Nach vielleicht 20 Minuten war der Partyraum wieder bereit für die nächste Runde.
Dennoch, die Feuerwehr sollte mich noch kennenlernen. Einige Jahre und 2 Umzüge später wohnte ich mit meiner Freundin in einem Mehrfamilienhaus in Hannover und war gerade stolzer Besitzer einer Hochleistungs-Nebelmaschine geworden, die sonst in Clubs eingesetzt werden. Im 3. Stock der Wohnung präparierte ich diese und drückte völlig unbedarft auf den Auslöser, nachdem ich die Nebelmenge auf maximale Leistung gestellt hatte. Wenige Sekunden später bereute ich es zutiefst, da ich meine Wohnung leider nicht mehr sah. Erleichtert darüber, dass meine Freundin gerade nicht im Haus war, tastete ich mich zur Haustür, da ich das Geschehen unbedingt von der Straße aus ansehen wollte. Es ist schon spannend, wenn man von Außen in eine Wohnung guckt und nichts außer weiß sieht. Es war nicht einmal mehr klar zu erkennen, ob es Nebel ist oder besonders weiße, völlig musterlose Gardinen. Da wir problematischerweise direkt an einer Straßenbahn-Haltestelle wohnten, damit voll im Blickfeld waren und es tagsüber war, zog sich das folgende Entlüften über Stunden hin; ich versuchte nur Mengen rauszulassen, die ein Kettenraucher auch erzeugen würde. Irgendwie hatte ich Glück und keine Feuerwehr kam; aber weniger Glück damit, dass Nebelfluid (das Zeug in den Maschinen) nach längerer Zeit ohne Luftbewegung nach unten wandert. Das hinterlässt nämlich auf allen Gegenständen einen leichten Klebefilm. Eine Putzsession später und vor der Rückkehr der Freundin nahm ich mir einen zweiten Test an einem weniger auffälligen Ort vor.
Dieser Ort war der große Garten eines Freundes. Am Randbereich von Hannover und inmitten eines Wohngebiets gelegen, rechnete ich mit weniger Problemen. So bauten wir das Monster gen Nachmittag direkt neben dem Haus auf, stellten die Nebelmenge wieder auf maximale Leistung und drückten ab. Es ergoss sich eine wabbernde, völlig undurchdringbare Wolke in den Garten, die interessanterweise nicht verwehte, sondern als Klumpen zusammenblieb. Nun gab es leider den Spielverderber Wind, der dafür sorgte, dass die formschöne Wolke erst in 5 Meter Höhe aufstieg und dann zum Garten des Nachbarn schwebte. Just zu dieser Zeit musste selbiger doch mit seinen Gästen draußen am Tisch sitzen. Wir beteten, er möge nicht gen Himmel gucken, doch das war gar nicht nötig: Die Nebelwolke schwebte einfach wieder zu Boden. Mit Verlust der Sicht verstummten auch die Gespräche, und für kurze Zeit waren nur noch die Vögel zu hören. Wir beeilten uns anschließend, den Grund für dieses Naturschauspiel zu erklären und versprachen, weitere Tests weiter hinten im Garten zu machen. Die Nachbarn zogen sich zur Sicherheit dennoch nach drinnen zurück.
Test Nr. 2 erfolgte dadurch weiter weg von jeglichen Häusern. Wir vorher jagten wir eine enorme Menge an Nebel heraus und stellten nun fest, dass sich dieser in Bodennähe hielt und weitläufig verteilte. Nur – wie jeder Mensch mit etwas Nachdenken gewusste hätte – schwebte uns auch diese landschaftliche Verzierung davon. Männliches Testosteron scheint das Denken leider zu behindern. Ein paar Vorgärten weiter legte sich der Nebelschleier über sämtliche Obst- und Gemüsebeete der angrenzenden Häuser, während die zuerst gestörten Nachbarn vom Fenster ihres Dachgeschosses riefen, dass es zumindest optisch ganz schön aussähe. Nur leider sah das nicht jeder so. Weniger in Nebelkunde versierte Mitmenschen der anderen Wohnhäuser bemerkten die Schwaden und kurz darauf schallten die ersten Rufe durch die Wohnsiedlung: „Feuer!“ „Alarm!“ „Ruf die Feuerwehr!“ Unser Blut kochte, weniger vor Wut, mehr vor Angst. Wild schrien wir zurück, dass das nur Nebel sei, kamen aber in dem allgemeinen Durcheinander nicht mehr durch. Als letzter Ausweg blieb mir nur eines: Selbst die Feuerwehr anrufen. Diese nahm meine Beichte gelassen zur Kenntnis, versprach nicht vorbei zu kommen, und riet mir, solche Aktionen nächstes Mal vorher bei Ihnen anzumelden.
Aber das war nicht mehr nötig: Die Zeit der großen Parties war vorbei.