Eigentlich sagt man den Frauen gerne nach, dass ihr Lieblingsort das Badezimmer ist. Können Sie sich doch stundenlang die Haare stylen, das Gesicht schminken oder nur einem Wellness-Bad hingeben, so man denn eines hat. Doch mein jüngeres Ich lief diesen Rang den Frauen bereits früh ab und toppte die Zeit durch diverse Badezimmer-Marathons, welche meine Eltern in den Wahnsinn trieben. Schließlich mochte ich bei meinem Treiben nicht erwischt werden und schloss daher das Bad ab. Was ich da drinnen nun machte, könnte ich mit dem Mantel des Schweigens bedecken; aber da das nicht ansatzweise so interessant ist wie die Wahrheit, tue ich es nicht. Es sei der Leser aber gewarnt: Es wird schmutzig. Denn ich war in der beginnenden Pubertät.
Einer meiner Zeitvertreibe war der exzessive Klogang. Ich genoss es, stundenlang auf dem Klo zu sitzen und dabei Comics zu lesen, Micky Maus allen voran. So ein komplettes Taschenbuch ließ sich in 1,5 Stunden schaffen. Glück im Unglück für meine Familie, dass unser Haus eine zweite Toilette besaß. Pech für mich, dass meine Beine kürzer waren als das Klo hoch. Dies führte zu dem Effekt, den sicher jeder aus seiner Kindheit kennt, dass die Beine langsam beginnen einzuschlafen. Und nach über einer Stunde waren dann einfach keine Beine mehr da, was ich gekonnt ignorieren konnte. War ich nun endlich fertig (mit dem Buch, der Rest war schon lange fertig) und wollte aufstehen, führte dies zu der vorhersehbaren Überraschung, dass mich meine Beine nicht tragen konnten. Mein Langzeitgedächtnis und der Lerneffekt aus diesem Problem waren nicht sonderlich gut ausgeprägt, da es mir immer wieder passierte – oder ich hatte es einfach ignoriert; eine Fähigkeit, die ich in meinem Leben noch ausbauen sollte.
Das Ergebnis der ersten Gehversuche nach meinem Klo-Marathon waren 2 Varianten: Entweder ich schaffte es irgendwie, mich mit den Händen an Sachen festzuhalten und damit auf den Beinen zu bleiben, oder ich fiel der Schwerkraft folgend auf den Boden. Und ja, meinen Po konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgewischt haben. Aber nach über einer Stunde gab es da vermutlich eh nichts mehr zu tun. Was nun in jedem Fall folgte, waren meine ersten Erfahrungen mit Lachyoga: Jeder kennt das Gefühl, wenn ein blutleerer Arm wieder mit Blut durchschossen wird. Es kribbelt für eine Weile ungemein, und wenn man in der Zeit mit der Gliedmaße irgendwo gegen stößt, wird das Kribbeln unaushaltbar – irgendwo zwischen Kitzeln und Schmerzen. Beim Bein ist es ungleich schlimmer: Alleine die Tatsache, dass man darauf steht, sorgt für das explosive Empfinden. Als Kind quittierte ich diese masochistischen Gefühle mit schmerzhaftem Gelächter und Gejammer, irgendwo zwischen Spaß und Folter. Mein Konzert der Schmerzen hielt 1 – 2 Minuten lang an, bis die Gefühle nachließen. Was sich meine Family in der Zeit denken musste, wenn die an der Tür vorbei kamen – leider habe ich nie nachgefragt.
Als Nachtrag sei gesagt: Meine langen Klogänge wurden mit den Jahren immer weniger. Dafür sollte ich ein besonderes Verhältnis zu Toilettenpapier entwickeln … aber das ist eine spätere Geschichte.
Eine weitere Badezimmer-Phantasie war ungleich erotischer. Als Kind kommt jeder irgendwann in die Phase, wo er oder sie seine Sexualität entdeckt. Während man am Anfang nicht kapiert, was da los ist, außer dass es schön ist, stellt man irgendwann fest, dass man das Ganze selbst beeinflussen kann. Ab da beginnt eine schwierige Zeit für die Eltern. Und ich war nicht besser. Aus mir heute unbekannten Gründen schien die Vorstellung reizvoll, mich nach dem Duschen auf den (viel zu kleinen) Badezimmerteppich zu legen und dann 5 gegen Willi zu spielen. Damit die dabei entstehende Geräusch-Kulisse nicht nach Außen dringt, griff ich zu einem Trick: Der Föhn. Während ich also meine Eltern im Glauben lassen wollte, dass ein pubertierender Bub mit kurzen Haaren ungefähr 20 Minuten zum Haareföhnen braucht, rubbelte ich mich ins Traumland. Und glaubte hinterher, dass mein Verhalten keinen Verdacht erregen würde. Ob begründet oder nicht, irgendwann kam bei mir die Angst auf, dass mich jemand durch das Schlüsselloch beobachten könnte. Was vermutlich daran lag, dass ich dies schon selbst probiert hatte. Ab dem Zeitpunkt hing ein Handtuch über der Türklinke und verbarg somit jegliche Blickmöglichkeit in das Badezimmer – in mein erstes Rotlichtviertel.
Auch hier sei gesagt: Später tauschte ich den Badezimmerteppich gegen weiblichen Charme. Dafür sollte ich ein besonderes Verhältnis zu meinem Föhn entwickeln … aber das ist eine spätere Geschichte.