Föhni und ich

Es gibt Menschen, die sind bekloppt. Dass ich dazu gehöre, ist wohl mittlerweile jedem klar, der die anderen Geschichten kennt. Diese Menschen haben meistens Spleens, also Verhaltensweisen, die niemand kapiert außer sie selbst. In meinem Fall ist das eine innige Liebe zu meinem Föhn. Es gibt wohl kaum Menschen, die ihren Föhn so oft einschalten wie ich, das manchmal stundenlang ohne Pause – mit einer entsprechend hohen Stromrechnung. Und es gibt wohl noch weniger Menschen, die öfters einen neuen Föhn kaufen müssen, weil der alte sein Lebensende bereits nach wenigen Jahren erreicht hat. Ein tränenreicher Abschied. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht schon mehr Föhne verschleißt habe als Frauen. Irgendwann geben sie halt alle auf.

Was man mit einem Föhn so alles machen kann, würde wohl die Vorstellungskraft der meisten übersteigen. Im Grunde alles, außer Haare föhnen. Denn meine sind kurz genug, dass ich eigentlich keinen Föhn bräuchte. Aber nennen wir ihn nun liebevoll Föhni. Föhni föhnt bei mir auch Haare, nur befinden sich diese nicht unbedingt auf dem Kopf. Als Mann ist man(n) schließlich an diversen Körperstellen mit mehr oder weniger Bewuchs gesegnet; und der möchte nach dem Duschen auch trocken werden. Klar gibt es dafür Handtücher – aber eben auch Föhni! Warum einfach, wenn es kompliziert geht. Da ich häufiger mit Fußpilz zu kämpfen habe, tut Föhni auch an meinen Füßen seinen Dienst, indem er diese trocken hält – der Feind jeglichen Pilzes. Was kann man noch föhnen? Erstmal natürlich alles, was mit Wasser zu tun hat. Beim Baden zuviel gespritzt? Föhni ist da. Wie sich kleine Pfützen bei plötzlichem Windzug zu einem horizontalen Bächlein verwandeln, das ist schon ergreifend – Physik pur. Weiteres Wasser findet man auch in Betten: In einem biestig heißen Sommer morgens aufzuwachen, kann schon mal das Gefühl eines Feuchtbiotops vermitteln. Oder die sportliche Betätigung im Bett war ein bisschen heftiger. Was auch immer, Föhni föhnt auch Bettlaken oder ganze Betten trocken. Dauert halt nur länger.

War es das? Mitnichten! Föhni kann soviel mehr. Warum nur Wasser; wie wäre es mit Staub und Dreck? Ja, ein Föhn ist der beste Freund des Menschen, wenn es ums Staubputzen geht! Glaubst du nicht? Dann bringe dies nie deinen Kindern bei, wenn sie im Kinderzimmer Staub wischen sollen: Man nimmt in die eine Hand einen Staubsauger und dreht diesen auf volle Leistung. Mit der anderen Hand greift man einen Föhn, stellt die Hitze aus und erzeugt einen kalten Luftstrom, ebenso auf voller Stärke. Diesen richtet man nun aus sicherer Entfernung auf Regale, geöffnete Schränke, Schubladen, Lampen, hinter den Schrank und Heizung, unters Bett … das Ergebnis wird einem im wahrsten Sinne des Wortes den Atem rauben! Selbst die reinlichsten Menschen werden so feststellen, dass ihr sogennantes Staubwischen ein Witz ist. Der Föhn – das ist der Meister! Mit Staubi sollte man gleichzeitig versuchen, alles einzufangen, was Föhni so aufwirbelt, solange man noch was sehen kann. Taktisch empfiehlt es sich, von oben zu beginnen und sich gen Boden herunterzuarbeiten. Den diesen Weg wird auch der Staub nehmen, sobald der Orkan vorbei ist. Natürlich empfiehlt es sich ebenso, angemessenen Abstand zu flugfähigen Objekten einzuhalten, ansonsten könnten sich Teile der Einrichtung in die Luft erheben. Noch ein Grund, dies Kindern NICHT beizubringen, sonst könnte Föhni zukünftig zum Aufräumen mit Spaßfaktor benutzt werden. Bei zuviel Staub in der Luft hilft eine Pause, bis sich alles weiter unten abgesetzt hat. Aber Achtung: Menschen, die nie Staub putzen, epfehle ich diese Methode nicht. Ansonsten dürfte die Wohnung danach wie nach einem Ascheregen aussehen …

Was lernen wir daraus? Föhni muss ein gutes Staubgitter haben, sonst lebt Föhni bei solchen Aktionen nicht lange. Alternativ nimmt man das Gitter ganz ab, schaltet den Heizdraht ein und sieht zu, wie wundervoll glühende Staubgebilde vorne herauskommen. Lebensfördernd ist das aber auch nicht. Des Weiteren muss Föhni ordentlich Power haben, um auch in 3 Meter Entfernung jeglichen Staub wegzupusten. Hier empfehlen sich Profi-Föhne, die bei Friseuren zum Einsatz kommen. Diese haben als weiteren Vorteil gleich mehrere Meter Kabel dran, womit man in jede Ecke des Zimmers kommt. Finanziell ist man damit schnell im 3-stelligen Preisbereich, aber es lohnt sich! Denn wer hätte gedacht, dass ein Föhn auch Staubwedel und Putztuch ersetzen kann? Doch föhnen hilft nicht nur gegen Staub: Auch gegen Dreck und Laub ist diese Waffe einmalig gut. So habe ich bereits mehrfach erfolgreich mein Auto geföhnt. Die Rillen meines Schiebedaches lassen sich damit bestens von Dreck befreien, damit die Mechanik laufen kann. Einmal war mein Schiebedach verkeilt, weil irgendwas größeres im Laufbereich der Schiene liegen musste, was ich nicht sehen konnte: Föhni hat´s beseitigt. Laub und Dreck im Motorraum ist ein Ärgernis, das wohl jeder kennt, und nicht immer kommt man an den ganzen Kram ohne Verrenken und Dreckigwerden dran. Föhni kanns! Und als mein Auto innen unter Wasser stand, hat Föhni zusammen mit Heizlüfti einen Mehrtages-Job gemacht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Föhni kann sogar romantisch werden. Ja, jetzt wird es intim. Föhni streichelt mich. Ich habe eine sehr ausgeprägte Kindheitserinnerung daran, wie mich meine Mama nach dem Baden föhnte, also damals noch die Haare, während meine Schwester in der Wanne planschte. Die Geräuschkulisse von plätscherndem Wasser und das Gefühl des warmen Luftzugs habe ich geliebt. Diese Kombi ist in Form von Duschen und Föhnen bis heute hängengeblieben. Wenn ich mich nach dem Duschen trocken föhne, dann ist es ein Gefühl wie leichtes Streicheln. Diese Wohltat lässt sich sogar noch steigern, indem ich mich föhne, während mich meine Freundin streichelt. Rrrrrrrrrrrrr! Nur Katzen haben es besser!
Für zusätzliche Gänsehaut muss Föhni einfach die Heißstäbe ausschalten. Dann wird der Luftzug kalt und mich fröstelt es – Gänsehaut-Feeling. Mein Föhn braucht deswegen auch unbedingt die Option, ohne Heizstäbe zu arbeiten. Dank diesem kalten Modus ist es mir möglich, im Hochsommer zu föhnen, wo eigentlich jeder Gedanke an noch mehr Wärme ein Grauen ist. im Winter ist er dafür ein prima Heizungsersatz. Wenn mir mal kalt ist, stelle ich nicht die Heizung höher oder ziehe dickere Klamotten an, nein: Ich nehme Föhni und stecke ihn von oben unter den Pullover, in die Hose oder was auch immer. Nach 10 Sekunden hat sich meine Körper- und Kleidungstemperatur auf Karibik-Niveau eingependelt. Entspannung pur! Das klappt sogar so gut, dass der warme Luftstrom und das Gesäusel vom Lüfter derart romantisch beruhigend sind, dass ich dabei bereits eingeschlafen bin: Föhni auf dem Badezimmerboden liegend – auf mich gerichtet – und ich auf meiner Badmatte zusammengerollt – nackt nach dem Duschen -. Love forever! Oder ein Fall für die Klapse.

Damit ist diese Neverending Story an ihrem Ende angelangt. Es bleibt noch zu sagen, dass die explodierenden Strompreise 2022/2023 meiner Liebesbeziehung ein jähes Ende verpassten. Ein 2 KW-Föhn jeden Tag eine halbe Stunde laufen zu lassen, kostet dann doch mehr als 5 € pro Woche. Wie heißt es so schön: Beim Geld hört die Liebe auf. Dafür ziehe ich bald in den Süden und genieße dann die warmen Föhnwinde der Alpen. Kostenlos!