Oder: Warum man im Vollsuff nicht Fahrrad fahren sollte
Eigentlich erklärt es sich ja von selbst: Betrunken Rad fahren ist nicht immer die beste Idee. Geht aber. Nur dieses Mal waren es keine Gleichgewichtsprobleme, keine plötzlich auftauchenden Bäume oder wandernde Gräben, die mir das Leben schwer machten. Banal gesagt war es ein stehendes Auto. Nun, die Feier war echt geil, das Craft Bier floss, ich war in voller Flirtstimmung und nach einem kuscheligen Abschied von einem Mädel ebenso voll. Das mit dem Mädel bleibt besser nicht niedergeschrieben, aber es gehörte in die Kategorie „rar machen, bis sie merkt, dass ich das Interesse verliere, aber dann alles auf einmal wollen“.
Zurück zum schönen Teil des Abends, dem Bier: Strunzenvoll kam ich irgendwie aufs Rad. Neben dem Fahrradständer pisste gerade ein Typ ins Gras und hielt dabei seine Bierbuddel. Wieso ich diese plötzlich hielt, nachdem er fertig war, ist mir entfallen. Ob ich mir Gedanken darüber gemacht habe, was alles in der Dose enthalten sein könnte, auch. Was soll´s. Jedenfalls war sie der Grund des kommenden Übels.
Ich versuchte nun, mit der Dose und dem Rad nach Hause zu gelangen. Nach kurzer Zeit wollte ich wegen irgendetwas anhalten, was mir auch entfallen ist. Auf Grund meines labilen Gleichgewichts entschied ich mich, meine Bierdose lieber auf Bauchhöhe abzustellen anstatt den Versuch zu machen, damit den Boden zu erreichen. Was kam mir da gelegener als ein wundervolles Auto, mitten im Nichts an der Seite geparkt. Ein Traum! Flugs hingefahren, daneben gehalten, Buddel aufs Dach gestellt. Nicht dolle, aber auch nicht geräuschlos. Ab da ging das Drama los.
Noch wärend ich vom Rad steigen wollte, gingen die Autotüren auf und ein kräftiger Typ kam flotter heraus, als es in dieser Situation gut war. Wie ich nun bemerkte, saß ein anderer auf dem Beifahrer-Sitz, bereit auszusteigen. Fuck war mein erster Gedanke und mein zweiter, dass ich nun aufs Maul kriege. Wieso hab ich nicht damit gerechnet, dass ein nachts geparktes Auto ohne Licht bewohnt sein könnte?
Während mich der erste Typ anmachte, täuschte ich einen Hyperventilations-Anfall und Luftnot vor. Vermutlich war das nicht mal vorgetäuscht und ich hatte wirklich Schiss. Zumindest half es, der Typ schlug nicht gleich zu. Mit dem letzten Rest meiner sonstigen Wortgewandheit schaffte ich es irgendwie, den harmlosen und mitleidserregenden Betrunkenen zu spielen, der nur nach Hause möchte. Im Gespräch erfuhr ich, dass die Typen dasselbe vor hatten, aber jetzt mit 3 Platten Reifen am Straßenrand standen. Drei!
Laut seiner Aussage war „etwas mit dem Luftdruck-Gerät an der letzten Tankstelle nicht in Ordnung gewesen“. Aha, und das merkt man erst nach dem 3. Reifen und mehrere Kilometer weiter, wenn die Felge völlig zerstört ist. Ich versuchte Wiedergutmachung mit dem Hinweis, ich könne ja den ADAC rufen, ich wäre Mitglied. Zum Glück reichte mein Verstand nicht mehr aus um mir vorzustellen, wie das dann abgerechnet worden wäre. Der Typ lehnte ab, ein Freund sei schon unterwegs und werde helfen. Mit dem Hinweis, ich solle besser weiterfahren, entließ er mich. Ich schnappte mir unter vielen Entschuldigungen mein Bier vom Autodach und verließ diese groteske Situation schnell. Nachts um 1 Uhr passieren schon ungewöhnliche Dinge auf Lübecks Straßen.