Ich gehöre zu den Menschen, die wenig von einem Kochbuch halten und noch weniger davon, sich die Zutaten eines Kochergebnisses zu merken. Stattdessen sind alle meine Nahrungsergebnisse kreativen Lebensmittel-Experimenten geschuldet. Manche davon sind essbar, andere weniger, manche ein Traum und manche eine Katastrophe. Das ist zugleich das Interessante daran: Du schmeißt ganz viel zusammen und guckst, was dabei heraus kommt. Da ich nebenbei umweltbewusst bin und nichts verschwende, müssen auch alle Ergebnisse gegessen werden – zumindest von mir.
Einen sehr interessanten Versuch unternahm ich im Skiurlaub mit einem Freund, als wir uns abends unsere Pizza mit Knoblauch belegen wollten. Im Laden war nämlich die Mindestgröße, die man kaufen konnte, 2 Knollen. Das machte aber nichts, schließlich sind wir nicht dumm: 2 Knollen, 2 Pizzen, macht eine pro, passt perfekt. Einfache Mathematik. Nach einer langen Kleinschneide- und Knoblauchzehen-Pressaktion war das Meisterwerk fertig und durfte in den Ofen. Ca. 10 Minuten später hatten wir als Nebeneffekt eine Duftkreation geschaffen, die ihresgleichen suchte.
Zum Pech aller Nachbarn des Mietshauses hatten wir unsere Ferienwohnung im Erdgeschoss. Sprich: Alle mussten daran vorbei, wenn sie zu ihren Räumen wollten. Wir trauten uns nicht, die Geruchsstärke im Flur zu prüfen, wenn wir es überhaupt noch gerochen hätten; aber den deutlichen Wortmeldungen der vorbei eilenden Gäste nach war dieser wohl betörend. Noch betörender waren die Pizzen an sich, denn diese hatten sämtlichen Geschmack verloren – bis auf einen. Zu guter Letzt hatten wir am Folgetag immer eine Skilift-Kabine für uns alleine. Mit uns stieg erst gar keiner ein und wenn wir irgendwo dazu stiegen, stiegen die Anderen ganz schnell wieder aus. Geht doch! Für Abstand braucht es weder Covid noch Maske. Welch ein Glück für alle, dass es in diesem Skigebiet keine Großraumgondeln gab!
Eine andere Kreation gelang mir, indem ich das Wort „scharf“ auf einer gekauften Tomatensoße nicht wörtlich genug nahm und noch eine angemessene Menge Chili nachlegte. Die sich ergebende Geschmacksoffensive hätte ebenso gut als Pfefferspray getaugt. Aber da ich ja nichts wegwerfe … . Meine Freundin gab die Nudel-Soßen-Kombi nach kurzem Kampf auf, übersprang auch den Nachtisch und startete dafür die Überraschungs-Serie „Mein Magen und die Toilettenschüssel“. Ich selbst aß immerhin noch brav zu Ende, bevor ich ihr liebevolle Gesellschaft leistete. Ja, so nett bin ich, immer um die Freundin besorgt.
Um meine Arbeitskollegen kümmerte ich mich ebenso. Ich arbeitete zu der Zeit bei einem Arbeitgeber, der Cerealien und Flakes herstellt. Da mir das dort kostenlos angebotene Kaffee-Gesöff zuwider war, nahm ich Eigenkreationen in Angriff und stellte diese im Kaffeespender der Allgemeinheit zur Verfügung. Ohne Vorwarnung. Erste Versuche mit gekauften Pulverkaffee und der Beisetzung von Gewürzen wie Zimt gingen noch gut aus, schmeckten sogar und erregten nicht mal Aufmerksamkeit.
Interessanter wurde es, als ich mehr Flexibilität brauchte und begann, ganze Kaffeebohnen zu kaufen. Da sich diese bekanntlich schlecht durch Filtermaschinen jagen lassen, schickte ich sie vorher durch meine Moulinette, denn eine echte Kaffeemühle hatte ich nicht. Weil das so schön klappte und ordentlich Krach machte, kamen Zimtstangen, Nelken, diverse Kräuter, Vanilleschoten und weitere vergessene Zutaten dazu. Das Ergebnis war ein interessant riechender Pulvermix, dessen Aufguss zu einem Kaffee aber immer noch schmeckte. Meine Kollegen wurden immerhin misstrauisch.
Dann holte ich zum entscheidenden Schlag aus: Cerealien-Kaffee! Und der geht so: Filtertüte in einen Kaffeehandfilter tun, dann einen geschredderten Pulverkaffee-Mix reinfüllen, auf dieses Gemisch eine weitere Filtertüte stopfen und diese mit diversen Cerealien wie Zimti-Minis, Schokopops oder Fruity Loops füllen. Anschließend heißes Wasser drauf und das Ergebnis unauffällig in den Kaffeespender kippen. So sicher, wie mein Name anschließend durch den Flur schallte, hätten meine Kollegen mal Lotto spielen sollen! Das optisch zweifelhafte Ergebnis weichgekochter Cerealien bewahrte ich als Beweis dafür auf, dass sie nicht nur schlecht träumten. So macht man Kollegen glücklich 🙂
Als Randbemerkung der Hinweis, dass ich auch vor Kapseln und Pads keinen Halt machte. Dank der glorreichen Inkompatibilität der ganzen Systeme hatte ich immer mal wieder Tassimo-Kapseln, die nicht in Nespresso-Geräte passten, oder Senseo-Pads, die doppelt so dick waren wie der Pad-Halter. In jedem Fall fand ich einen Ausweg: Schere nehmen, Löcher rein, zerstörte Kapsel oder Pad in eine Tasse, Heißwasser drauf, ziehen lassen, umrühren, fertig. Beim Trinken noch darauf achten, die Kapsel nicht zu verschlucken. Das Gesicht der Kollegen, wenn beim Trinken des Kaffees irgendwann das Pad zum Vorschein kommt, ist halt unbezahlbar.